Immobilienkaufverträge künftig digital?
Jährlich werden in Deutschland über eine Million Immobilienkaufverträge notariell beurkundet. Der damit verbundene zeitliche und bürokratische Aufwand ist immens. Aktuell in der Diskussion, um die Abläufe rund um Immobilienverkäufe zu vereinfachen, sind sogenannte „Smart Contracts“, die auf der Blockchain basieren. Die Technologie ermöglicht es, alle erdenklichen Transaktionen von Werten, Rechten und Schuldverhältnissen an materiellen und immateriellen Gütern ohne zentrale Instanz zu verifizieren. Bei einem Smart Contract (oder einem „intelligenten“ Vertrag) werden die zwischen Käufer und Verkäufer vereinbarten Vertragsbedingungen in Codezeilen geschrieben und direkt mit der Blockchain verknüpft. Weder Notartermin noch Beurkundung sind nötig. Auch der Gang zum Grundbuchamt entfällt. Eine Urkunde in Papierform ist ebenfalls überflüssig. Derzeit ist das Szenario schon aus technischen Gründen ferne Zukunftsmusik. Denn die dazu notwendige IT-Infrastruktur existiert (noch) nicht. Zudem schreibt § 311b BGB die notarielle Beurkundung eines Immobilienkaufvertrags aufgrund der sehr weitreichenden Konsequenzen eines Immobilienverkaufs zwingend vor. Die beteiligten Parteien müssen schließlich wissen, welche Rechte und Pflichten aus dem Immobilienkauf entstehen. Der Erwerb einer Immobilie ist auch im digitalen Zeitalter immer noch etwas anderes als der Onlinekauf eines Paar Schuhe. Wie sich die digitale Abwicklung von Immobilienkaufverträgen hierzulande rechtskonform realisieren lassen könnte, hat unlängst eine Projektgruppe aus Bundeskanzleramt, Nationalem Normenkontrollrat, Statistischem Bundesamt und Bundesnotarkammer untersucht. Im Mittelpunkt stand das zentral betriebene Verwaltungsportal „eNoVA“ (Elektronischer Notariat-Verwaltung-Austausch), eine Vollzugsplattform, über die der vollständige Informationsaustausch zwischen Notariaten und den beteiligten Verwaltungsstellen stattfindet. So vielversprechend das Projekt verlief, so wenig ist gegenwärtig allerorts an digitaler Infrastruktur vorhanden, damit es zeitnah Praxis werden kann. Bis auf Weiteres bleiben also die vertrauten und vertraulichen Abläufe rund um Immobilienkaufverträge bestehen. Ganz verkehrt ist das nicht. Denn wie sagt ein altes Sprichwort: Wer schreibt, der bleibt. Das gilt umso mehr für Immobilientransaktionen.
Bietigheimer Zeitung vom 12.02.2022