Nahwärmenetz: Heizen ohne eigene Heizungsanlage
Derzeit nutzen viele Hausbesitzer außerhalb von Ballungszentren eine Heizungsanlage mit fossilen Brennstoffen für die Wärmeerzeugung, was angesichts der Preisschwankungen für Öl und Gas oft kostspielig ist. In Zukunft können Nahwärmenetze, die mehrere in einem Gebiet liegende Gebäude mit Heizenergie aus erneuerbaren Quellen versorgen, eine attraktive Alternative sein. Ihre Funktionsweise ist vergleichsweise einfach: Sie transportieren heißes Wasser von einem zentralen Heizwerk über ein erdverlegtes Rohrleitungssystem und einen Wärmetauscher, der sich in einer Hausübergabestation befindet, in den Heizkreis der angeschlossenen Haushalte. Allerdings müssen sich Hindernisse wie Straßen, Bahntrassen oder Gewässer durch Bohrungen unterqueren lassen. Herausfordernd kann zudem die Überwindung geodätischer Höhenunterschiede und die daraus resultierende Druckbelastung auf das Rohrnetz sein. Eine weitverbreitete Technologie zum Betrieb von Nahwärmenetzen ist das Blockheizkraftwerk, das neben Wärme auch Strom erzeugt, der an die angeschlossenen Haushalte verkauft oder in das öffentliche Stromnetz einspeist wird. Diese doppelte Nutzung macht die Lösung effizient und wirtschaftlich. Denn der hohe Stromertrag durch die kontinuierliche Anlagennutzung senkt die Wärmekosten. Auch das Anzapfen anderer erneuerbarer Energiequellen kommt in Betracht. In Freiberg am Neckar soll die neu entstehende Energiezentrale am Wasen die Abwasserwärme des nahen Klärwerks nutzen und im Ludwigsburger Neubaugebiet am Sonnenberg steht das erste Nahwärmenetz der Stadt, das Wärme aus Geothermie gewinnt. In ländlichen Regionen lohnt es sich eventuell, Biomasse in Nahwärme umzuwandeln, geliefert von lokalen Land- oder Forstwirten. So bleibt das investierte Geld vor Ort und stärkt die dortige Wirtschaft. Der Vorteil von Nahwärmenetzen für Hausbesitzer ist, dass sie sich unabhängig von fossilen Energieträgern und steigenden CO2-Abgaben machen. Je größer die Anzahl der Haushalte, die an ein Nahwärmenetz angeschlossen sind, desto mehr rechnet sich die Sache für alle. Zumal die Umstellungskosten von einer konventionellen Heizungsanlage auf Nahwärme mit 6.000 bis 10.000 Euro verhältnismäßig moderat ausfallen und die Technik wartungsarm und im Haus platzsparend ist. Noch sind dekarbonisierte Nahwärmenetze vielerorts Zukunftsmusik. Eine interessante Option für eine sichere und kostengünstige Wärmeversorgung sind sie allemal.
Bietigheimer Zeitung vom 01.06.2024